Der bekannte Comedian Bastian Pastewka versucht sich auf einem neuen Feld: Er inszeniert Sir Arthur Conan Doyles „Der Hund der Baskervilles“ klassisch - und doch ganz anders.
Die große Schwierigkeit bei der Bearbeitung eines „klassischen“ Stoffs ist es, diesen immer wieder neu zu lesen bzw. zu inszenieren. Dabei sind die Herangehensweisen ebenso vielfältig, interessant, überraschend oder erschreckend wie die Ergebnisse. Denn eines soll vermieden werden: dass der Zuschauer schließlich im Kinosessel, auf der Couch oder im Bett Platz nimmt und sich ärgert, weil das, was er da sieht, liest oder hört irgendwie abgedroschen ist. Wenn der Rezipient das Gefühl hat, dass sich nichts Neues finden lässt, nichts Überraschendes, dann kann dies im besten Fall ein Versehen, im schlimmsten Fall reine Zeitverschwendung sein.
Die Figur des „Sherlock Holmes“ hat in den vergangenen Jahren verschiedene – teilweise gleichzeitig stattfindende – Aktualisierungen erlebt. In der BBC-Serie „Sherlock“ jagen Benedict Cumberbatch und Martin Freeman Verbrecher im London von heute. Auf exzentrisch Weise, aktuell, lebendig und doch immer wieder mit Bezug zu den Originalfällen von Arthur Conan Doyle, schafft es Holmes, ein großes Publikum zu fesseln. Auf der anderen Seite des „großen Teiches“, im heutigen New York, lösen Jonny Lee Miller und Lucy Liu ihre Fälle in Zusammenarbeit mit dem NYPD. Im Verlauf der bisher ausgestrahlten Staffeln von „Elementary“ verbessert sich die Beziehung zwischen Holmes und Watson immer mehr. Und wiederum ganz anders, nämlich als Action-Heroes, wird das Duo in zwei Filmen mit Robert Downey, Jr. und Jude Law inszeniert. Alle diese Wege versuchen die Abendteuer und die Figur des Sherlock Holmes zu aktualisieren und lebendig zu halten.
Bastian Pastewka geht einen anderen – gleichsam unterhaltsamen und spannenden – Weg. Das beginnt schon beim Titel, denn er übersetzt „The Hound of the Baskervilles“ nicht wie dies bislang üblich war mit „Der Hund von Baskerville“, sondern mit „...der Baskervilles“. Pastewka bewegt sich bei seiner Inszenierung nah am Text und versucht, wie bei dem von ihm korrigierten Titel, das offen zu legen, was er als den Kern der Geschichten über Sherlock Holmes ansieht: dessen Methode.
Arthur Conan Doyle hatte zu seiner Figur ein gespaltenes Verhältnis. Holmes brachte ihm viel Geld ein, jedoch verdarb dieses Werk – wie er selbst meinte - auch sein Profil als ernsthafter Schriftsteller. Doyle wollte lieber für seine Romane über den „Hundertjährigen Krieg“ oder seine Dokumentation über den Burenkrieg beachtet werden. Folgerichtig ließ er Holmes durch seinen Todfeind Moriarty an den Reichenbachfällen umbringen. Als Doyle Holmes – nach heftigen Protesten seiner Leser - wenige Jahre später in „The Hound of the Baskervilles“ wiederauferstehen ließ, floss seine Skepsis gegenüber seiner eigenen Figur in den Text ein: Der Detektiv bleibt schemenhaft. Er lässt seinen Assistenten Dr. Watson die meiste Arbeit tun, um schließlich den überführten Stapleton, der seinen Hund mit Phosphor eingerieben und ihn als Mordwerkzeug eingesetzt hat, auf dem Moor verschwinden zu lassen.
Bastian Pastewkas Holmes ist präsenter und gräbt tiefer: Er versucht den wahren Täter auszumachen. Darum ist für ihn auch nicht die Sage um den Familienfluch entscheidend, sondern die Frage, wer hinter dem Treiben im Moor steckt. Bewusstes Auslassen lenkt die Aufmerksamkeit auf die Hintergründe und Pastewkas Holmes kommt zu einer neuen, überraschenden Lösung des Falls.
„Der Hund der Baskervilles“ ist im Hörverlag erschienen und kostet 15 Euro. [zurück...]